„Pilgerfahrt“

Während sich ein Großteil der Deutschen am vergangenen Samstag dem üblichen Osterstress bei Familienessen oder Hamsterkäufen in überfüllten Supermärkten hingab, strömten die Motorradverrückten der Republik ins badische Hockenheim. Hier wurde mit den „1000-Kilometer-von-Hockenheim“ das erste Saisonhighlight der Hobby-Rennsportszene ausgefahren. Inzwischen in der 36. Auflage, genießt die Veranstaltung sowohl bei Fahrern und Teams, als auch bei den Zuschauern Kultstatus und bot auch in diesem Jahr wieder bis zum Schluss reichlich Spannung, Schweiß und Dramatik.

2011 gab es aber noch einen weiteren guten Grund, um auf Omas Osterlamm zu verzichten und ins schöne Badener Land zu pilgern. Während das Rennen in den letzten Jahren sprichwörtlich ins Wasser fiel und das Thermometer nur unwesentlich über die Null-Grad-Marke kletterte, gab es in diesem Jahr blauen Himmel, Sonne satt und sommerliche Temperaturen. Dies sorgte nicht nur gute Stimmung bei den Teams, sondern bescherte den Veranstaltern auch rekordverdächtige Besucherzahlen.

Fast so viel los,...

wie bei der IDM.

Gefahren wird bei den „1000 Kilometern“ in Zwei-Fahrer-Teams, das Starterfeld ist in fünf verschiedenen Leistungs- beziehungsweise Hubraumklassen unterteilt. Die Teams müssen jeweils eine Dauerprüfung über 203 Runden (180 in Klasse 3+4) und eine Sonderprüfung (Sprintrennen) fahren. Die Zulassung zur Sonderprüfung erhalten nur die Teams, die ihre Dauerprüfung unter einer Zeit von 7:37 beziehungsweise 7:06 Stunden absolvieren. Während die Klassen 1, 2 und 5 am Ende des Tages die komplette Distanz von 1000 Kilometern bewältigen haben werden, sind es bei den Klassen 3 und 4 „nur“ 890 Kilometer.

Neben Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet und der nahen Schweiz, rollten natürlich auch Teams aus der Region an den Start. Hierzu zählten unter anderem das Team Bornhäusser Motorradsport, mit den Fahrern Marc Bornhäusser und Stefan Höfle auf einer Yamaha R6. Des Weiteren schickte Motorrad-Forum Heizerfraktion zwei Teams mit den Fahrern Naki Kourtidis und Hannes Runge (Team RED auf einer Honda CBR 1000) und dem Gespann Daniel Jung/Andreas Weychan vom Team BLUE (Suzuki GSX-R 750) ins Rennen. Alle Drei starteten in der Klasse 5, in der keine Leistungs- oder Haubraumlimits gelten.

Wie üblich, begann der gefahrene Teil der Veranstaltung bereits am frühen Samstagmorgen. Und wie ebenfalls üblich, gab es bereits in der Anfangsphase jede Menge Kernschrott. Während es in einem normalen Rennen schon nicht besonders geschickt ist, den Verlauf bereits in der ersten Kurve für sich entscheiden zu wollen, so ist es bei einem Langstrecken-Event wie den „1000-Kilometern“ einfach nur unterirdisch töricht.

Spuren der Dauerprüfung

Unsere Lokalmatadoren konnten sich aber zum Glück aus den anfänglichen Scharmützeln heraushalten und spulten bis in den frühen Nachmittag stoisch ihre Runden ab. Die beiden Mannschaften der Heizerfraktion fuhren mit Zeiten zwischen 2:00 min. und 2:10 min entspannt aber sicher dem Ende der Dauerprüfung entgegen. Nur Hannes „Hannibal“ Runge, seines Zeichens Co-Pilot des Team RED, fuhr mit 1:53er, teils sogar 52er Zeiten einen ordentlichen Zahn zügiger. Ähnliche Zeiten riefen auch die zwei Hauptdarsteller des Teams Bornhäusser Motorradsport ab. Marc und Stefan, die bereits 2010 zusammen bei den 1000 Kilometern antraten, damals aber noch auf einer BMW S 1000 RR, fuhren fast über die gesamte Dauerprüfung einen 1:55er Schnitt.

Nach dem enttäuschenden Rennen in 2010, in dem bei widrigen Wetterbedingungen jedes der drei Teams mindestens einmal zu Boden ging, sah es also dieses Jahr für alle sehr vielversprechend aus. Doch dann, nach knapp achthundert Kilometer, schlug der Rennsportgott doch noch erbarmungslos zu. Ein kapitaler Schaltfehler vor der Sachskurve ließ nicht nur das Getriebe an der Suzuki von Team BLUE verenden, sondern zerstörte auch die Hoffnung des Fahrergespanns Jung/Weychan, in diesem Jahr endlich die karierte Flagge zu sehen. Besonders bitter: Bereits beim vorangegangenen Frühjahrstest in Lédenon war das Getriebe mit Problemen aufgefallen und wurde erst kurz vor dem Termin in Hockenheim einer Revision unterzogen.

Ließ sich den Spaß (fast) nicht verderben - Daniel, bei der Verleihung des Trostpreises.

Dieser Zwischenfall sollte aber der einzige Defekt des Tages bleiben. Um 15:07 Uhr und damit eine komfortable halbe Stunde vor dem offiziellen Ende, beendete das Fahrer-Duo Bornhäusser/Höfle die Dauerprüfung. Nur eine knappe Viertelstunde später hatten auch Kourtidis/Runge ihr Soll erfüllt.

Ab 16:20 Uhr war dann Hochspannung angesagt. Während es in der Dauerprüfung nur hieß, die Distanz sicher zu überstehen und dabei im vorgegebenen Zeitfenster zu bleiben, folgte nun im Sprintrennen noch mal richtig Action. Da das Rennen traditionell im Le Mans-Stil gestartet wird, ist hier nicht nur eine gute Koordination zwischen Kupplungs- und Gashand gefragt, sondern man sollte auch den Sprint über die Start/Ziel-Gerade sturzfrei überstehen. Die beiden Startfahrer Stefan Höfle und Hannes Runge bewältigten die Aufgabe aber souverän. Nebenbei nutzten beide auch noch den Vorteil ihrer hervorragenden Startpositionen, setzten sich auf den Plätzen drei und fünf fest und konnten ihre Positionen bis zum Fahrerwechsel verteidigen. Während Bornhäusser/Höfle genau zur Halbzeit den Fahrertausch vollzogen, ließen sich Runge/Courtidis eine Runde mehr Zeit.

Warten auf Stefan.

Beim Wechsel hatten aber beide Teams mit Problemen zu kämpfen. Nicht nur an der R6 von Bornhäusser/Höfle starb kurz der Motor ab, sondern auch bei Kourtidis/Runge weigerte sich das Aggregat, sofort wieder ordnungsgemäß seinen Dienst aufzunehmen. Für Team Bornhäusser hatte die Verzögerung zum Glück keine Konsequenzen, sodass Marc B. den dritten Platz sicher nach Hause verwalten konnte. Naki Kourtidis aber wurde um einige Positionen nach hinten gereicht und nahm mit dem Messer zwischen den Zähnen und teils wahnwitzigen Schräglagen die Verfolgung auf. Und sein Ehrgeiz sollte nicht unbelohnt bleiben. Er kämpfte sich auf Platz 8 zurück und bereits bei abgestellten Motoren im Parc Fermé, erbte er durch die Disqualifikation des Teams Wunderlich BMW den siebten Gesamtrang. Die, bis zum Ende überragenden, Siegfahrer Dirk Schnieders und Frank Spenner warfen ihren, eigentlich unabwendbaren, Triumph durch ein ungeduldiges Überholmanöver in der Boxengasse weg und schenkten so allen nachfolgenden Teams einen um eine Platzierung besseren Endrang. Auch so zeigt sich der (un)barmherzige Rennsportgott.

Dirk Schnieders und Frank Spenner - Hier freute man sich noch über den vermeintlichen Sieg.

Neben Bornhäusser/Höfle auf Platz zwei, übrigens mit der einzigen Sechshunderter unter den gewerteten Teams der Klasse 5, komplettierten Michael Droste und Heinz-Reiner Düssel auf Platz eins (MSF Sauerland auf BMW S 1000 RR) und das Fahrergespann Oliver Skach/Sebrus Berchtenbreiter (Team Boxenstopp 1 auf Suzuki GSX-R 1000) auf Rang drei das Podium.

Am Ende sollte nicht unerwähnt bleiben, dass solch großartige Ergebnisse nicht ohne die entsprechenden Helfer im Hintergrund möglich sind. Ein schönes Beispiel hierfür sind die Standzeiten der Teams in der Box. Bei drei von vier Fahrerwechseln inklusive Tanken und Reifenwechsel beim Team Bornhäusser, benötigten die Mechaniker Marco Zicchino und Sven Prohaska exakt 1:08 Minuten. Auch diese Konstanz ist gefragt, wenn man ganz vorne mitfahren will.

Pokale gab es bis Platz 10 - Unsere Helden bei der Siegerehrung.

Am Abend rundeten die Siegerehrung und ein Abendessen für Fahrer und Teammitglieder das Programm ab. Schlussendlich kann man allen Teams, Helfern und vor allem den Organisatoren zu einer mehr als gelungenen Veranstaltung gratulieren. Keine schwerwiegenden Zwischenfälle, reichlich Publikum und vor allem das perfekte Sommerwetter werden die „1000 Kilometer“ – 2011 sicher bei Vielen lange in guter Erinnerung bleiben lassen.

Zum Schluss noch ein paar Schnappschüsse:

Naki "Elbowz" Kourtidis

"180/60er? Achwas, den Roife bruchsch im Lebe ned! Wenn´d jetz ne 1:50 gefahrn wärsch und g´sagt hättsch, der Roife hätt in Schräglage richtig mee Grip... - aber so ned!" 😀

... anstrengend war´s!

Auch in Hockenheim musste man mit Plagiaten kämpfen. Nicht überall, wo Bornhäusser Motorradsport drauf steht, ist auch wirklich Borni drin:

Original...

... und FÄLSCHUNG!

Hannes beim Nachsitzen 🙂

Scheiß moderne Technik.

Ein Lächeln, dass auch den traurigsten Teilnehmer getröstet hätte 🙂

Unsere Champions!

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