Hausbesuch bei Gaskranken

In nicht einmal 3 Wochen ist es soweit – die IRRC startet ins Jahr 2014 und in ihre 5 Saison. Zeit also, dass wir uns die Fahrer etwas genauer anschauen, die wir in diesem Jahr zu dem ein oder anderen Event begleiten werden. Und wo trifft man zwei ambitionierte Racer am ehesten für ein kurzes Gespräch? Na klar, auf einer  Rennstrecke natürlich. Da mir der Weg zum Auftakttraining im italienischen Misano dann aber doch etwas zu weit war, besuchte ich das Team Bornhäusser Motorsport am vergangenen Samstag beim Training in Hockenheim.

Besuch im Wohnzimmer - Wo trifft man einen badischen Racer am ehesten? Ganz klar, in Hockenheim natürlich.

Besuch im Wohnzimmer – Wo trifft man einen badischen Racer am ehesten? Ganz klar, in Hockenheim natürlich.

 

Team Bornhäusser Motorsport

Namenspatron für das Team ist Marc „Borni“ Bornhäusser, 39 Jahre jung und Zweiradmechanikermeister aus Baden-Baden. Wie die meisten machte auch er seinen ersten Motorraderfahrungen als Teenager, doch während der Großteil mit 18 vom Mopped ab und aufs Auto umsteigen, ließ ihn die Sucht nicht mehr los und so gab es 1992 mit einer Suzuki GSX-R 750 das erste richtige Motorrad. Doch schnell wurde klar – nur Fahren ist nicht genug.

Das Interesse an Motorräder und vor allem an der Technik wuchs weiter und wurde war sogar so groß, dass er sich nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann für zwei weitere Jahre als Stift entschied und noch eine Ausbildung zum Zweiradmechaniker obendrauf setzte. Bereits damals stand fest, dass auch irgendwann die eigene Werkstatt her muss. Im Jahr 2006 war es dann soweit: nach seiner Meisterprüfung erfüllte er sich den Traum der eigenen Firma und Werkstatt.

Der „alte“ Hase

Doch es wurde in den vergangenen Jahren natürlich nicht nur geschraubt. Nach zehn Jahren und unzähligen Kilometern im Nordschwarzwald wechselte Borni endgültig auf die Rennstrecke und fuhr 2003 mit den „1000 Kilometer von Hockenheim“ sein erstes Rennen. Noch im selben Jahr folgte die Premiere beim Road Racing. Auch hier bewies er wieder Gespür für Großes und wählte für sein Debüt beim Straßenrennen die hoch anspruchsvolle Strecke im tschechischen Hořice. Seither ist er jedes Jahr bei den verschiedensten Veranstaltungen am Start.

Dass er dabei ordentlich am Kabel zieht, hat er in der Vergangenheit schon mehrfach unter Beweis gestellt. Neben diversen Siegen und Podestplätzen bei den unterschiedlichsten Rennen, konnte er sich in den Jahren 2007 und 2008 den Gesamtsieg im Sportbike-Pokal sichern und stand auch bei den 1000 Kilometer von Hockenheim bereits mehrfach ganz oben auf dem Treppchen. Sein jüngster Erfolg ist wohl für die kommende Saison der wichtigste: Im vergangenen September konnte er sich beim letzten Saisonrennen der IRRC in Frohburg den Sieg bei den Supersportler sichern.

Ross und Reiter: Das die Kombination aus Marc Bornhäusser und seiner R6 für Siege in der IRRC gut sind, haben sie 2013 in Frohburg schon bewiesen. Für 2014 steht nun eine ganze Saison auf dem Plan.

Ross und Reiter: Dass die Kombination aus Marc Bornhäusser und seiner R6 für Siege in der IRRC gut sind, haben sie 2013 in Frohburg schon bewiesen. Für 2014 steht nun eine ganze Saison auf dem Plan.

Der Jungspund

Der Zweite im Bunde ist Daryl Dörlich. Der 25 jährige IT Consultant stammt ebenfalls aus Baden-Baden und hat einen erstaunlich direkten Weg in Richtung Rennstrecke genommen. Nachdem er seine ersten Zweiraderfahrungen tatsächlich erst bei der Fahrschule machte, fuhr er mit einer GSX-R 1000 (K5) bereits ein Jahr später sein erstes Rennen auf der Berg- und Talbahn im französischen Ledenon. Eine alles andere als anfängerfreundliche Strecke.

Dass er trotz seiner jungen Jahre und der noch recht geringen Erfahrung kein Nasenbohrer ist, hat auch er schon gezeigt. Unter anderem konnte er sich im letzten Jahr, zusammen mit Marc Bornhäusser und Stefan Höfle (aka der stille Raser aus Eppingen), den Sieg in Klasse 3 bei den 1000 Kilometer von Hockenheim sichern. Mit der Teilnahme an der International Road Racing Championship steht für Ihn nicht nur die erste, volle Rennsaison an, sondern er muss sich jetzt auch als Einzelfahrer beweisen. Mit Achtungserfolgen ist aber auf jeden Fall zu rechnen.

Die gute Seele

Doch nur amtlich Gasgeben reicht natürlich nicht aus, wenn man am Endes des Tages der Schnellste gewesen sein will. Geht es gar um eine ganze Saison, will nicht nur der finanzielle und zeitliche Aufwand bewältigen werden, sondern es ist dann vor allem die Teamleistung, die über Sieg oder Niederlage entscheidend mitbestimmt. Daher müssen wir an dieser Stelle auch unbedingt Marco Zicchino erwähnen. Der 39 jährige Kfz-Techniker-Meister gehört seit über zehn Jahren zum Team und kümmert sich um sprichwörtlich alles, was am Rennwochenende abseits der Strecke passiert. Egal, ob bei der Vorbereitung des Motorrads für Training und Rennen, die Zeitnahme oder das schnelle Reifenwechseln und Betanken bei Langstreckenveranstaltungen – ohne die routinierten Handgriffe von Marco wären Team und Technik nur bedingt einsatzfähig und sicher nicht so erfolgreich.

Der Untersatz

Aprosos Technik: das richtige Arbeits- beziehungsweise Hobbygerät macht auch im Amateurbereich den entscheidenden Unterschied, wenn man dem Feld nicht nur hinterherfahren will. Sowohl Marc als auch Daryl vertrauen daher auf das wohl erfolgreichste Supersportmotorrad der vergangenen 8 Jahre – die Yamaha YZF-R6. Beim eingesetzten Modell Rj.11 handelt es sich zwar um die älteste Variante der neueren R6 Generation, beide Motorräder haben über die letzten Jahren aber umfangreiche Updates erhalten.

Motorseitig wurde an beiden Motorrädern Hand angelegt und sowohl Kopf und Nockenwelle überarbeitet, als auch gematchte Kolben und Pleuel verbaut. Beim Thema Motorsteuerung vertrauen beide Piloten auf eine KIT-ECU und um die rotierenden Massen zu reduzieren, sitzt in beiden Yamsen eine KIT-Lichtmaschine am Ende der Kurbelwelle. Um die Aggregate vor dem Hitzetod zu bewahren, zwängen sich riesige KIT-Kühler zwischen Krümmer und Vorderrad und für die Abgasentsorgung ist rennsporterprobtes Material aus dem Hause Akrapovic zuständig. Nach dem Motto „Das Bessere ist des Guten Feind“ versteckt Daryls R6 sogar einen feinen Titankrümmer unter ihrem blauen Kleidchen.

Beim Fahrwerk gehen die Zwei etwas unterschiedliche Wege. Während Borni an der Front auf eine Öhlins Cartridge Gabel vertraut und es an der Hinterhand „nur“ bei einem von HH Race-Tech überarbeiteten Originalfederbein belässt, ist es bei Daryl genau umgekehrt: Hier glänzt das Schwedengold am Heck und sowohl die Standardgabel als auch der Dämpfer wurde durch die kundigen Hände von Lothar Kraus aufgewertet. Darüber hinaus finden sich noch diverse weitere Änderungen und Anbauteile an den Motorrädern, deren Aufzählung jetzt hier aber den Rahmen sprengen würde.

Sehen aus wie Smarties, sind aber High-Tech: auch im Amateurbereich wird inzwischen mit Speedlimiter, Blipper und Co. gearbeitet

Sehen aus wie Smarties, sind aber High-Tech: auch im Amateurbereich wird inzwischen mit Speedlimiter, Blipper und Co. gearbeitet

Bemerkenswertes findet sich aber jeweils noch am linken Lenkerende. Beide Motorräder tragen hier eine Schaltereinheit, wie man sie bis vor wenigen Jahren nur aus der WM kannte. Hinter den bunten Knöpfchen verstecken sich die Funktionen für Speedlimiter, Blipper und unterschiedliche Motormappings sowie bei Marc noch die verschiedenen Regelstufen der Traktionskontrolle. Ganz schön viel „Bling Bling“ für die Landstraßen der mitteleuropäischen Provinz. Aber oftmals sind es ja gerade die kleinen Details, die am Ende den Unterschied machen.

Das war es aber erst einmal mit der kurzen Vorstellung. Die Technik ist in Grundzügen vorgestellt, das Team hat ein Gesicht, jetzt fehlt nur noch ein erster Vorgeschmack auf die Leistungsfähigkeit. Zum Glück steht das Osterwochenende vor der Tür und nach dem obligatorischen 1000 Kilometern am kommenden Samstag, wissen wir sicher mehr. Tiefere Einblicke ins Team und vor allem die ersten Eindrücke zur diesjährigen IRRC gibt es dann Anfang Mai von der Saisoneröffnung im holländischen Hengelo.

Wer jetzt noch mehr schmutzigen Details möchte und den Anblick ertragen kann, findet ein Kurzportrait der drei Gaskranken HIER.

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