Winterzeit ist Messezeit

Jedes Jahr gibt es zwischen Oktober und März unzählige Möglichkeiten, die Neuheiten der kommenden Saison, statt am kalten Motorradtreff, in beheizten Messehallen zu bewundern. Neben den großen, internationalen Ausstellungen wie der Imot in Köln oder der Aicma in Mailand, finden deutschlandweit viele regionale Veranstaltungen statt. Zu diesen zählt auch die „Faszination Motorrad“, welche am vergangenen Wochenende zum zweiten Mal in der dm-Arena Karlsruhe ihre Pforten öffnete.

Nachdem es bis ins Jahr 2009 nur sehr kleine Veranstaltungen im Großraum Karlsruhe – Baden-Baden – Offenburg gab, ist Karlsruhe, durch das Ende der Motorrad Messe in Sinsheim im Jahr 2010, seit diesem Jahr zum größten Event in Nordbaden und Nordwürttemberg avanciert. Die dm-Arena bietet mit ihren 4 Hallen und insgesamt 12.500 m2 Ausstellungsfläche die nötige Plattform für eine hochkarätige Messe und weckt damit auch entsprechende Erwartungen. Das Gleiche galt auch für die Preise vor Ort. Mit den 5 Euro Standgebühr pro Fahrzeug und den 10 Euro für das Tagesticket, die vom Veranstalter Neue Messe Karlsruhe erhoben wurde, war der Eintrittspreis alles andere als ein Taschengeld. Nun denn – edler Veranstaltungsort, stolze Preise. Die Vorfreude war dennoch groß.

Ihren ersten Dämpfer erhielt diese aber bereits kurz nach der Kasse. Beim Blick in den so eben empfangenen Messeplan offenbarte sich, dass doch rechte viele Aussteller eher als fachfremd zu bezeichnen waren. So fanden sich gleich an zweiter Stelle der Ausstellerliste die guten „Allgäuer Käsespezialitäten“, gefolgt von weiteren Highlights wie dem „Bonbonparadies“ oder „Fresh for Finance“. Doch man soll ja nicht vorverurteilen. Ließ man sich vom ersten Schock nicht entmutigen, so fand der aufmerksame Besucher dann auch attraktive Stände, wie zum Beispiel den von Boss Hoss Germany oder Limbächer&Limbächer, einem der größten Zweiradhändler in Süddeutschland. Apropos Händler: diese waren in Karlsruhe alleinverantwortlich für die Markenpräsenz. Einen echten Herstellerstand der einschlägigen Marken suchte man leider vergebens, was sich natürlich negativ auf die Möglichkeiten des ausgiebigen Befummelns und Besteigens der 2011er Fahrzeugpalette auswirkte.

Aber es gab trotzdem Interessantes und Neues zu sehen. Da wäre zum Beispiel die bereits viel gelobte Ducati 848 Evo zu nennen. Das Modelljahr 2011 glänzt nicht nur mit leicht angehobener Leistung (nun satte 140 PS) und inzwischen piekfeiner Verarbeitung, sondern ist jetzt auch in einem bösen mattschwarz und einer sportlich-edlen rot-scharz Kombination zu haben.

Ducati 848 Evo

Neben der divenhaften Duc von der Stange, wirkt dem Asphaltfighters Stormbringer Umbau wie ein Krawallbruder aller erster Güte. Die in Karlsruhe ausgestellte Replik hatte zwar „nur“ 200 PS, zeigte aber sonst alle Umbauten des Originals. Am auffälligsten ist, neben der Lackierung, wohl das in die Tankabdeckung integrierte Display, welches in Kombination mit einer Rückfahrkamera die Spiegel ersetzt. Das ist zwar nicht wirklich neu (man denke nur an die Hailwood – Replica von Ducati), aber auffallen wird man damit beim nächsten Ausflug zur Eisdiele auf jeden Fall.

Asphaltfighters Stormbringer

Ein Blickfang ganz andere Couleur waren die Trikes der Firma Rewaco. Mit allen Raffinessen ausgestattet, haben sie nur noch wenig mit den Ur-Trikes mit Käfermotor gemein. Ausgestattet mit modernen Ford-Motoren (115 – 185 PS), Musikanlage und Navigationssystem bleiben keine Wünsche offen. Nur das Dach fehlt…

Rewaco Trike

Wie nicht anders zu erwarten, war auch in Karlsruhe der Trend hin zu Fahrzeugen mit Elektroantrieb deutlich zu spüren. Besonders auffällig war hier der Stand der Firma OrangeBikeConcept aus Karlsruhe. Die ausgestellte Produktpalette reicht vom elektrischen Offroad-Skateboard bis zur Enduro der Marke Zero und konnte teilweise direkt vor Ort auf einem abgesteckten Parcour getestet werden. Eines der Testmodelle war das Gocycle, eine Art modernes Klapprad mit Elektroantrieb.

Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 24 km/h überzeugt es weniger durch seine enormen Fahrleistungen, als durch sein, bis ins kleinste Detail durchdachtes Gesamtkonzept. Von einem ehemaligen McLaren Ingenieur entwickelt, ist es für die moderne Businessklientel konzipiert. Inklusive Akku lediglich 16,5 kg leicht und mit nur wenigen Handgriffen in einem trolleyartigen Transportkoffer verpackt, ist es für den längeren Arbeitsweg aus einer Kombination aus Bus-, Bahn- oder U-Bahnfahrt gedacht. Die Reichweite von 32 km sollte dafür locker ausreichen. Technisch überzeugt es mit einem gewichtssparendem und optisch gelungenem Magnesiumrahmen, schwimmend gelagerten Bremsscheiben oder den nur durch Schnellverschlüssen gesicherten Rädern, die sich einfach zur Seite abziehen lassen. So viel Ingenieurskunst hat natürlich ihren Preis und mit 1795,- Euro ist das E-Bike kein Schnäppchen, aber für den innovativen und vor allem umweltbewussten Geschäftsmann von heute sicher interessant.

Gocycle E-bike

Dem faulen Radler mit eher ausgefallenem Geschmack sei das „Black Block“ Bike empfohlen. Das im Retrolook designte Mofa ist mit 200 km Reichweite und einer Spitzengeschwindigkeit von 45 km/h auch für längere Ausflüge geeignet und dank seiner coolen Optik auch ein absoluter Hingucker.

Das die Entwicklung in Richtung umweltverträgliches Motorradfahren noch lange nicht ihr Ende erreicht hat und sich auch schon die ganzen Jungen für ökologische Ansätze interessieren, zeigt dieser Schnappschuss eines Prototypen am Rande der Messe:

Öko-Biker

Außer den Umweltbewussten, den Gaskranken und den frischluftinteressierten Autofahrern, kamen in Karlsruhe natürlich auch die Gespannfahrer auf Ihre Kosten. So präsentierte zum Beispiel die Firma RUKO Fahrzeugtechnik ihren neusten Kreationen auf Suzuki Hayabusa-, Triumph Speedtriple- oder Kawasaki ZZ – R Basis. Als Highlight und um zu zeigen, dass auch ein Gespann voll motorsporttauglich sein kann, hatte sie das Team Kowalski Motorsport mit ihrem 1000 ccm F1 Renngespann eingeladen.

Kowalski Motorsport F1 Renngespann

Kowalski Motorsport F1 Renngespann

Neben Händlern sowie Motorrad- und Zubehörherstellern waren auch diverse Clubs, Vereine und Internetforen auf der Messe vertreten. So konnte man sich zum Beispiel an den Ständen des MSC Karlsruhe-Knielingen oder des WildenSüdens mit Gleichgesinnten austauschen.

Aus Sicht eines interessierten Laien, geht die „Faszination Motorrad“ voll in Ordnung. Es waren aus allen Bereichen der Technik und das Zubehörhandels Anbieter vertreten, so dass man sich, ohne große Umstände, einen Überblick über den aktuellen Stand der Dinge verschaffen konnte. Für den ambitionierten und informierten Motorradfahrer gab es in Karlsruhe allerdings nicht viel Neues zu entdecken. Hier vermisste man dann doch zu sehr die Präsenz der Hersteller. Zusätzlich wäre da noch der Wermutstropfen mit dem stattlichen Eintrittspreise von 10 Euro für die Tageskarte. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich im nächsten Jahr zum beachtlich Preis, auch ein beachtlicheres Programm gesellt. Das Potential hierfür bieten die Neue Messe und die dm-Arena allemal.

Just my two cents,

Michel

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