Wintersport

Eigentlich war Wintersport noch nie so mein Ding. Was im Kindesalter noch ganz nett mit Schlittenfahren, Rotznase und kribbelnden Fingerspitzen begann, sollte beim Langlauf mit Papi in der präpubertären Phase schnell an Attraktivität verlieren. Der absolute Tiefpunkt war bei mir abererreicht, als ich mir gleich beim ersten Versuch zu Snowboarden den Arm gebrochen habe. Danach jagte der behandelnde Arzt mit jedem Schlag, mit dem er seine Nägel in meine linke Speiche trieb, auch den letzten Rest Lust auf Pistengaudi und Après-Ski aus mir heraus.

Während die anderen es also jedes Jahr kaum erwarten können, dass die ersten Flöckchen vom Himmel rieseln, steht mir der Sinn eher nach der bevorzugten Winterbeschäftigung der MotoGP und Superbike-Stars – Dirttrack oder SuperMoto-Training. Nicht, dass ich bereits Erfahrungen in dieser Richtung hätte, aber was für die Pro´s gut ist, kann für unsereins ja nicht schlecht sein. Leider dachte ich bisher, dass man eben auch Profi sein muss, um sich sowas leisten zu können oder eine Einladung in Colin Edwards „Boot Camp“ zu bekommen. Wie gesagt – bis jetzt.

Wer nun aber glaubt, den kommenden Zeilen liegt ein Trip in die USA und ein Besuch beim „Texas Tornado“ zugrunde, den muss ich leider enttäuschen. Aber ich kann euch beruhigen. Vielleicht ist Folgendes für euch sogar noch interessanter. Denn man muss nicht weit reisen, um seine wintermüden Reflexe auf die kommende Saison vorzubereiten. Mit Lothar Schauer gibt es nämlich auch in Deutschland einen Instruktor, der sein Wissen um die perfekte Fahrzeugbeherrschung auch an die Zweiradbegeisterten weitergibt, die noch keine Weltmeisterschaftspunkte eingefahren haben.

Kartbahn statt Skipiste - auch so kann Wintersport aussehen

Kartbahn statt Skipiste – auch so kann Wintersport aussehen

Lothar, seins Zeichens Stuntprofi, Weltrekordhalter und Wetten, dass..?!-Wettkönig, bietet in den Wintermonaten ein Training an, mit dem man nicht nur die motorradfreie Zeit überbrücken, sondern dabei auch seine Fähigkeiten beim Thema Fahrzeugbeherrschung schulen kann. Und das nicht nur für semiprofessionelle Fahrer, sondern sprichwörtlich für Max Mustermann und Lieschen Müller. Ok, etwas Fahrerfahrung sollte man schon mitbringen. Da die ganze Veranstaltung aber in eine Karthalle, sprich, auf abgesperrtem Terrain stattfindet, ist jedoch nicht mal ein Führerschein nötig. Ihr habt also schon unzählige Runde auf den verschiedensten Rundkursen absolviert? Dann seid ihr hier auch goldrichtig.

 

Erstkontakt

Da ich in den letzten zwei Jahren leider kaum Möglichkeiten hatte Motorrad zu fahren und ich Trainingsgelegenheiten dringend nötig habe, musste ich nicht lange Überlegen, als ich vom Team um Bornhäusser Motorport eine Einladung zu einem solchen Wintertraining erhalten habe.

Am letzten Februarwochenende war es dann soweit. Endlich konnte ich wieder ich Helm, Lederkombi und Stiefel ins Auto packen und Richtung Rennstrecke starten. Die Rennstrecke war zwar „nur“ eine Kartbahn und das Event trug den wenig glamourösen Namen „Jedermann Supermoto“, aber das sollte meiner Freude keinen Abbruch tun.

Kaum angekommen stellte ich fest, dass die Veranstaltung auf der Kartbahn in Rottweil ihrem Namen alle Ehre macht. Mit weit über 30 Teilnehmern war sie nicht nur sehr gut besucht, sondern es war hier auch die gesamte Bandbreite an Motorradfahrern vertreten. Hatte ich anfangs trotz des Namens vermutet, dass sich hier wohl bevorzugt Racer tummeln, stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass ich komplett daneben lag. Nicht nur, dass alle Altersgruppen vertreten waren (das Mindestalter liegt bei 14 Jahren), es war auch vom Routinier mit Rennstreckenerfahrung bis zum echten „Biker“ – inklusive Weste in Clubfarben – alles dabei.

SuMo 2

Gemischtes Publikum: Von Endurofahrer bis Racer war alles vertreten

Nach einer kurzen Einführung, in der die Grundregeln der Veranstaltung und des Supermotofahrens erklärt wurden, erfolgte, wie üblich, die Einteilung in verschiedene Leistungsgruppe. Da ich keinerlei Erfahrungen mit Enduros oder Supermotos hatte und wie erwähnt auch ziemlich außer Übung bin, entschiede ich mich für die Anfängergruppe Eins, die langsamste der drei Gruppen.

Die zweite Überraschung folgte dann bei der Bekanntgabe der Fahrzeit. Fährt man bei einem normalen Renntraining in der Regel zwanzig Minuten, dauert ein Turn hier gerade einmal siebeneinhalb. Eine weise Entscheidung, wie sich herausstellen sollte, denn Im Gegensatz zu einer normalen Rennstrecke bietet eine Kartbahn kaum bis keine Erholungsmöglichkeiten. Durch die fehlenden Geraden reiht sich Kurve an Kurve, man fährt fast ständig in Schräglage und ist eigentlich unentwegt damit beschäftigt, den nächsten Richtungswechsel vorzubereiten. Und so sind die kurzen Turns – die Strecke in Rottweil ist nur 550 Meter lang – mindestens genauso anstrengend wie 20 Minuten am Hockenheimring.

Ein weiterer Punkt, der von Fahrern eher sportlicher Motorräder abverlangt wird, ist die Umstellung weg vom Schräglagenwechsel durch viel Körpereinsatz und Gewichtsverlagerung, hin zu einer aufrechten Fahrweise mit viel Zug am Lenker. Die Grundzüge des Supermoto-Fahrens wurden zwar bereits zu Beginn der Veranstaltung kurz angesprochen, das absolute Erfolgserlebnis stellte sich nach dem ersten Turn aber noch nicht ein. Noch zu ungewohnt war die neue Fahrweise und zu unkoordiniert die Abläufe.

Eines war aber ganz schnell klar – das Fahren hier verdichtet alle essentiellen Fahrzustände des Motorradfahrens auf engstem Raum und in kürzester Zeit – und offenbart dadurch sehr schnell persönliche Schwächen.

 

Grau ist alle Theorie…

Da das erfahrene Team um Lothar sich dessen natürlich bewusst ist, gibt es für Supermoto Einsteiger noch eine intensivere Schulung in Sachen Fahrtechnik und Fahrphysik.

Hier wird noch einmal detailliert und anschaulich erklärt, welch enormen Einfluss Lastwechselreaktionen und Rollphase auf die Fahrzeugstabilität haben und mit welchen Mitteln (Einsatz der Fußbremse, Druck auf die kurvenäußere Raste. etc.) die Störfaktoren minimiert werden können. Und da sich der gute Lothar alle Erkenntnisse sprichwörtlich selbst erfahren hat, wird man nicht mit grauer Theorie gelangweilt, sondern bekommt mit einfachen Beispielen verständlich erklärt, worauf es wirklich ankommt. Erstaunlich: Trotz der Tatsache, dass die anwesenden Fahrer alle andere als einen unerfahrenen Eindruck machten, lauschten alle gespannt und aufmerksam den Ausführungen. Ich war wohl nicht der einzige, der sich für einen recht guten Motorradfahrer hielt, aber hier noch extrem viel lernen konnte.

Direkt nach dem Theorieteil ging es mit dem neuen gewonnen Wissen dann wieder auf die Strecke und in den zweiten Turn. Jetzt wollte das soeben Gelernte natürlich in die Tat umgesetzt werden.  Mit dem Selbstvertrauen des theoretischen Wissens im Rücken, wurde die ganze Angelegenheit jetzt mit mehr Nachdruck angegangen und Geschwindigkeit und Schräglage nahmen rasch zu. Ich wusste jetzt ja schließlich wie es geht!

Dass Wissen und Können zwei verschiedene Paar Schuhe sind, sollte sich dann aber ziemlich schnell herausstellen. Der Tipp, in „überraschend“ enge Ecken noch mehr Schräglage zu fahren und die Fuhre mit mehr Gas über das Hinterrad zu lenken, hatte sich vor wenigen Minuten zwar noch sehr einfach angehört, die Ausführung war dann aber wenig überzeugend. Statt eines gelungenen Drifts folgte auf den Einsatz der Gashand ein amtlicher Highsider. Das sah bestimmt auch spektakulär aus, brachte mich aber nicht quer ums Eck, sondern geradewegs auf den harten Boden der Tatsachen.

Dank eigens angefertigten Sturzbügel sowie Sturzpads und Kupplungs- und Bremshebelschoner am Mopped und Lederkombi an mir ging aber alles glimpflich aus und nach einem kurzen Schreck ging die wilde Hatz auch schon weiter. Zugegeben, danach erst mal nicht mehr ganz so wild.

Dank der selbstebtwickelten Sturzbügel bleibt das kurze Plastikkleid der Trainingsmotorräder meistens unberührt

Dank der selbst entwickelten Sturzbügel bleibt das kurze Plastikkleid der Trainingsmotorräder meistens unberührt

Allgemein sind die Kawasaki KLX 250 Trainingsmotorräder, die allen Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden, gut für den Einsatz als Einsteiger-Supermoto geeignet. Mit einem Gewicht von 118 kg sind sie sehr handlich, überfordern mit ihren knapp 30 PS die Kartbahn-Frischlinge aber nicht. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Schutzmaßnahmen sind die Motorräder auch technisch an die speziellen Anforderungen der Supermototrainings angepasst. Neben einem anderen Lenker und einem kürzeren, im Setup angepassten Fahrwerk verfügt die Kawa über größere Felgen (jetzt 17´´) und überarbeitete Bremsen. Inklusive der geeigneten Reifen belaufen sich der Umbaukosten auf gut 2.500 Euro.

Die Kwasaki Trainingsmotoräder sind nicht nur speziell für den Einsatz als Supermoto umgebaut sondern auch weise gewählt. Dank ihrer 138 kg und knapp 30 PS sind sie für den Einsatz hervorragend geeignet.

Die Kwasaki Trainingsmotoräder sind nicht nur speziell für den Einsatz als Supermoto umgebaut sondern auch weise gewählt. Dank ihrer 138 kg und knapp 30 PS sind sie für den Einsatz hervorragend geeignet.

Trotz der zahlreichen Verbesserungen und Vorkehrungen fallen im gesamten Fuhrpark jeden Monat etwa dreitausend Euro Reparaturkosten an und spätestens nach zwei Jahren werden die Moppeds ersetzt. Ein beachtlicher Materialaufwand, der den Teilnehmer aber direkt zu Gute kommt. Und das sowohl beim Fahren als auch bei der Sicherheit.

Apropos Sicherheit –  damit man sich und andere nicht über Gebühr gefährdet, wird für jeden Sturz ein „Schmerzensgeld“ von 10 Euro fällig. Nach insgesamt drei Stürzen wird man vom Training ausgeschlossen. So kann man problemlos seine Grenzen austesten, bekommt aber auch automatisch die selben aufgezeigt.

Dass die Gefahr zu Stürzen nicht nur in zu wenig Gefühl in der Gashand zu suchen ist, bekam ich dann bereits im dritten Turn zu spüren. Durch die kurzen Pausen zwischen den einzelnen Durchgängen und die ungewohnten Bewegungsabläufe gerät man schnell an seinen konditionellen Grenzen. Jeder weiß, dass dann auch die Konzentration zwangsläufig nachlässt. Die Folgen kennen wir sicher alle. Die Reaktionen werden langsamer, die Bewegungen weniger präzise und ehe man sich versieht, wird aus einem runden Fahrstil ein unkontrolliertes  Rumeiern. Dass das nicht nur mir so ging, zeigt die hohe Zahl von 13 Stürzen im Tagesverlauf. In Anbetracht der kurzen Zeit und der überschaubaren Gruppe eine beachtliche Zahl.

Die gute Nachricht: in der Regel gehen die Stürze hier sehr glimpflich aus. Bei ca. 2.500 Teilnehmern in der aktuellen Saison musste lediglich zweimal ein Krankenwagen gerufen werden. Die Gefahr ernster Verletzungen liegt also im Promillebereich und außer eines kurzzeitig angekratzten Egos bleibt meist nichts zurück. Skifahren ist mit Sicherheit gefährlicher…

 

Übung macht den Meister

Aufgrund des anstrengenden Trainings ist der erste Veranstaltungsteil gegen Mittag offiziell zu Ende, der Nachmittag kann aber vor Ort optional dazu gebucht werden. Nach einer vom Chef persönlich servierten Erbsensuppe und einem Stündchen Pause, nutzten aber alle Teilnehmer auch die letzten zwei Trainingsstunden.

Wer will da schon noch Skihasen!? :D

Wer will da noch Skihasen!? 😀

Auch mein Ego und ich hatten uns von Sturz und Anstrengung wieder einigermaßen erholt, sodass der Nachmittag dann wieder sehr spaßig wurde. Nachdem ich die Strecke einige Turns lang nur sehr verhalten umrundet hatte und mir das Fahren alles andere als leicht von der Hand gegangen war, hatte ich mich in der Mittagspause nicht nur erholt, sondern auch das Vertrauen in meine Fahrkünste wieder erlangt. Jetzt lief alles wieder schneller und geschmeidiger und so wurde der letzte Turn tatsächlich der beste Tages.

Abschließen bleibt zu sagen, dass ich dieses Training nur wärmstens empfehlen kann. Nicht nur, dass am Ende des Winters sicher jeder, sowohl konditionell als auch beim Thema Konzentration, etwas Training nötig hat, bevor er sich wieder in den Verkehr oder in das erste Rennstreckentraining stürzt. Darüber hinaus wird man beim Supermotofahren nur dann besser, wenn man die nötigen Fahrtechniken beherrscht. Da es sich hier aber um grundlegende Abläufe handelt, macht die Sache nicht nur enorm viel Spaß, sondern automatisch auch das Fahren im Allgemeinen sicherer.

Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt und euch selbst einmal mit der Supermoto auf einer Kartstrecke beweisen wollt, findet ihr alles Wissenswerte zu Veranstaltungen und Terminen auf moto-action.de.

Egal, ob quer ums Eck oder spaektakülär gerade aus, Lothar weiß wie es geht. Und das Beste daran: Er teilt sein Wissen auch noch auf äußerst sympathische Art.

Egal, ob quer ums Eck oder spektakulär gerade aus, Lothar weiß, wie es geht. Und das Beste daran: Er teilt sein Wissen auch noch auf äußerst sympathische Art.

Euch ist SuperMoto zu langweilig, ihr wolltet aber schon immer mal am Motorradtreff einen auf dicke Hose machen, kriegt euer bestes Stück aber vorne nicht hoch? Auch da kann geholfen werden. Der gute Lothar ist zwar kein Urologe, kennt sich dafür aber mit Wheelies bestens aus. Wie auch Ihr ganze Kerle (oder gestandenen Frauen) werdet, lernt ihr ebenfalls bei moto-action. Die Saison für die Wheely-Trainings beginnt am 1. Mai und auch hier findet ihr alle nötigen Informationen zu Terminen und Veranstaltungsorten auf moto-action.de.

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