IDM „inTeam“

Das IDM-Finale in Hockenheim wartete in diesem Jahr nicht nur mit hochkarätigem und spannendem Motorsport auf – in fast allen Klassen war die Meisterkrone noch nicht endgültig vergeben – sondern bot dem Autor auch den seltenen Blick hinter die Kulissen eines professionellen Rennteams. Keine geringeren, als die Mannen von Holzhauer Racing Promotion und damit die Superbike-Champions der Jahre 2007, 2008 und 2010 öffneten die Rolltore zu Ihrer Box. Ermöglicht wurde diese große Ehre durch Rick Lowag von der Rennleitung # 110 e.V., der über seinen Freund und HRP-Fahrer Kevin Wahr ( www.kevin-wahr.de ) den Kontakt zur Meistermannschaft vom Holzhauer Team herstellte.

Schwarzwald-Express – Kevin Wahr in Aktion

Darüber hinaus erklärt sich der dreiundzwanzigjährige Superbiker auch noch bereit, uns persönlich durch die Box zu führen und in die Geheimnisse eines modernen IDM-Teams einzuweihen. Die Besichtigung sollte am frühen Samstagabend nach dem Qualifying erfolgen. Um 18:30 kam der sympathische Nagolder dann mit leichter Verspätung aus dem HRP-Truck. Leider waren die Trainingsergebnisse nicht so gut wie erhofft und so hatte die Team-Besrpechung doch etwas länger gedauert. So läuft es wohl auch, wenn man in der Superbike WM oder im MotoGP einen Interviewtermin mit einem Fahrer hat. Doch die Stimmung war gut und so begann Kevin auch sofort mit der Führung und beantwortete geduldig alle Fragen.

Immer für ein Spaß gut: Kevin Wahr und Rick Lowag

Das Hauptinteresse lag dabei natürlich auf seinem Arbeitsgerät, der Honda CBR 1000 RR, Typ SC 59. Mit den werksseitigen 178 PS schon nicht schwach auf der Brust,  schickt die HRP-Blade sogar stolze 200 PS an die Kupplung. Erstaunlicherweise sind die zweiundzwanzig Zusatzponys aber nicht auf aufwendiges Motortuning zurückzuführen. Viel mehr sind sie der aufwendiger Mess- und Feinarbeit der HRP-Mechaniker geschuldet. Da das IDM-Reglement keine Tuningeingriffe an den Motorinnereien erlaubt, nutzen die Top-Teams vor allem werkseitige Produktionstoleranzen zur Leistungssteigerung. So werden hier zum Beispiel Ventile, Kolben oder die Kurbelwelle aus diversen Motoren ausgebaut, vermessen und anschließend aus den besten Teilen der „Idealmotor“ wieder zusammengesetzt. In Kombination mit der feinen Kit-Elektronik aus der Honda Rennabteilung, lassen sich so dem Aggregat, auch ohne aufwendiges Tuning, über zehn Prozent Mehrleistung entlocken.

Mogelpackung: knapp 200 PS stark und trotzdem kaum Tuning, der Treibsatz der HRP-CBR

Wie überall im Rennsport, wenn darum geht ein Fahrzeug schneller zu machen, ist natürlich nicht nur Leistungssteigerung das Mittel der ersten Wahl. Mindestens genauso wichtig ist die Gewichtsreduktion. Ob Carbonverkleidung, Schmiedefelgen, leichte 520er Ketten oder die ausgebohrte Schraubenköpfe, ein paar Gramm finden sich sprichwörtlich an jeder Ecke. Und auch hier hat sich die Mühe im Hause Holzhauer gelohnt. Rennfertig bringt die HRP-CBR nur etwa 170 Kilo auf die Waage. In Kombination mit den bereits erwähnten 200 Kupplungs-PS eine echte Macht. Hier besonders bemerkenswert: Die Honda war auch im Jahr 2011 ohne Traktionskontrolle unterwegs! In Zeiten, in denen selbst viel Straßensportler bereits mit diesem Sicherheitssystem ausgestattet sind, ist das für den motorsportinteressierten Laien eher unverständlich. Allerdings muss man berücksichtigen, dass die modernen Rennsysteme GPS-genau und auf jeder Strecke für jede Kurve neue abgestimmt werden müssten. Ein zusätzlicher Kostenfaktor, der fast jedes IDM-Budget sprengen dürfte.

Geduldiger Lehrer: Kevin Wahr bei seiner Boxenführung

Dafür vertrauen aber sowohl Kevin Wahr, als auch sein Team Kollege und IDM Champion Karl Muggeridge auf das von Honda entwickelte ABS. Und das nicht nur bei Nässe. Ebenfalls durch HRC-Elektronik aufgewertet, lässt das System auch bei Idealbedingungen das Bremsen auf der wirklich letzten Rille zu, ohne den Profis vorher ins Handwerk zu pfuschen.

Hier noch mit der Nr. 1 - Karl Muggeridges Einsatzmotorrad

Aber nicht nur am Motorrad selbst sorgt die Elektronik heute für Verbesserungen. Egal ob die Bewegung der Federelemente, der Einsatz der Bremse oder die abgerufene Motorleistung, die Honda ist an allen wichtigen Punkten mit Messsensoren aus dem Hause 2D-Datarecording ausgestattet und so bleibt keine Fehler der Piloten unentdeckt. Ob nun in der Parabolika doch mal kurz das Gas gelupft oder vor der Sachskurve einen halben Meter zu früh gebremst wurde, dem Messtechniker bleibt heute nichts mehr verborgen. Und dem Fahrer kein Raum für falsche Ausflüchte. Doch die ganze Professionalität hatte natürlich ihren Preis. Jedes der HRP-Motorräder schlägt mit etwa 50.000 Euro zu Buche. Und selbstverständlich braucht jeder Fahrer permanent zwei fahrfertige Exemplare. Hinzu kommen noch die Personalkosten für die Boxencrew, da sie Fahrer ja schließlich nicht mehr selbst an ihren Maschinen schrauben. Bei zwei Mechanikern pro Fahrer sowie einem Fahrwerks-, einem Reifen- und einem Datarecording-Spezialisten im Team, kommt da noch Einiges zusammen. Von den Aufwendungen für Verschleißteile, Fuhrpark und Hospitality einmal ganz zu schweigen. Da wird einem erst bewusst, wie extrem aufwendig und teuer Rennsport heutzutage selbst in der IDM geworden ist. Besonders dann, wenn man tatsächlich beabsichtigt ganze Vorne mitzufahren. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Fahrer selbst kaum Budget verschlingen. Keiner der Piloten kann vom Fahren in der IDM leben und fast alle haben noch einen „richtigen“ Beruf abseits des Rennzirkus. Es geht Ihnen also auch nicht besser als mir als Hobbyjournalist. Während ich noch von einer IDM-Karriere träume, kommt so langsam Unruhe in die HRP-Box auf. Leider ist die Besichtigungszeit ist schon zu Ende und man versammelt sich zu einem gemeinsamen Abschiedsfoto.

Die lächelnden Gesichter um mich herum lassen aber keinen Zweifel daran, dass es für alle ein besonderes Erlebnis war und spätestens beim Abschied wird klar, dass Kevin Wahr eine Menge neuer Fans gewonnen hat. Danke HRP, Danke Kevin, wir freuen uns schon aufs nächste Jahr!

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